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Besetzung
GUNDULA KÖSTER
GABRIELE STREICHHAHN
UTE FALKENAU (p)
Auswahl und Mitarbeit
ILSE NICKEL
Aufführungsdauer
1h 35min (inkl. Pause)
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STIMMT’S ODER HAB ICK RECHT?
Ein Streifzug durch Groß-Berlin mit Walter Benjamin

Zunächst war der Tiergarten sein Abenteuerspielplatz. Dann erlebte Walter Benjamin, wie aus vielen kleinen Ortschaften Groß-Berlin zusammenwuchs. Der sonst so scharfzüngige Intellektuelle beobachtete liebevoll die Stadt und ihre Bewohner: Berliner, denen mit Humor und Schlagfertigkeit das Herz auf der Zunge liegt.

Also ich will heute mit euch über die Berliner Schnauze sprechen; die sogenannte große Schnauze ist doch das erste, was allen einfällt, wenn man vom Berliner redet. Der Berliner, sagen die Leute in Deutschland, na ja, das ist eben der Mann, bei dem alles zu Hause anders und besser und schlauer gemacht wird wie bei uns. … Deswegen haben sie auch den Berliner nicht gern, wenigstens tun sie so. In Wirklichkeit ist es doch sehr schön, wenn man eine Hauptstadt hat, auf die man ein bißchen schimpfen kann.
Aber stimmt das nun überhaupt mit der Berliner Schnauze? Es stimmt und stimmt auch nicht. Jeder von euch kennt natürlich eine Menge Geschichten, wo diese Schnauze so weit aufgerissen wird, daß das Brandenburger Tor darin Platz hätte. Und nachher erzähle ich euch noch ein paar, die ihr vielleicht sogar nicht kennt …
Walter Benjamin

Reinhard Wengierek im Blättchen (November 2020) über:
Stimmt’s oder hab ick Recht? Ein Streifzug durch Groß-Berlin mit Walter Benjamin

Sein Aufsatz von 1935 „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ zählt zu den epochalen Texten der Moderne; alle kennen ihn, wenige haben ihn gelesen. Was Walter Benjamins Weltruhm als Philosoph und Kulturkritiker keinen Abbruch tut. (…)
Walter Bendix Schoenflies Benjamin entstammt dem assimilierten Berliner Judentum. Er wurde am 15. Juli 1892 in Charlottenburg geboren, wo er auch seine durch bürgerliche Verhältnisse gut behütete Kindheit verbrachte; der Vater war Antiquitäten- und Kunsthändler, die weit verzweigte Verwandtschaft glich einem internationalen geistigen Großbetrieb, was schon früh die berufliche Laufbahn Walters vorgezeichnete.
Die Politik der Nationalsozialisten zwangen den so genialen wie sensiblen, undogmatischen Denker in die Emigration, deren physische und vor allem psychische Strapazen Benjamin nicht überlebte. Er starb vor acht Jahrzehnten nach der Flucht über die Pyrenäen am 26. September 1940. Eine Überdosis Morphium. Mit 48 Jahren.
Ein Jahrzehnt zuvor begann Walter Benjamin für den „lieben Sohn Stefan“ seine Kindheitserinnerungen aufzuschreiben. Bruchstücke, Beobachtungen, Anekdoten, Reflexionen aus der Zeit, als das kaiserliche Berlin sich aufschwang, eine Weltmetropole zu werden.
(…)
Lehrreich, scharfzüngig, amüsant und anrührend ist alles, was da steht in Walter Benjamins autobiografischen Skizzen „Berliner Kindheit um neunzehnhundert“, einst verschiedentlich journalistisch publiziert, aber erst nach seinem Tod 1950 gesammelt als Buch erschienen, herausgegeben von seinem Freund Theodor W. Adorno.
Wie schön und auch klug vom Theater im Palais, daraus einen „Streifzug durch Berlin mit Benjamin“ zu machen unter dem Motto „Stimmt’s oder hab ick Recht?“ (Dramaturgie: Ilse Nickel). Dabei ist viel mehr entstanden als das, was gemeinhin unter „Lesung“ läuft: Etwa eine Berlin-Show im Salon-Format. Die beiden Schauspielerinnen Gundula Köster und Gabriele Streichhahn, begleitet von der Pianistin Ute Falkenau (Weill und Hindemith), könnten damit alle Goethe-Institute und Berlin-Abende dieser Welt bespielen. Informativ und noch dazu lustig die eingespielten Filmdokumente des Berliner Alltagslebens aus der schwarz-weißen Frühzeit der Kinematographie. – Alles in allem sach ick ma: Hier stimmt allet. Und alle hab’n Recht.

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